Gamechanger: Speicher revolutionieren die Energielandschaft

Erneuerbare Energien produzieren Strom wenn die Sonne scheint oder der Wind weht. Menschen brauchen aber Strom bei jedem Wetter, rund um die Uhr. Ein unlösbares Problem? Keineswegs. Denn Batterietechnologien machen rasante Fortschritte. Dadurch können immer mehr Menschen und Unternehmen überschüssigen Strom für den späteren Verbrauch speichern – und sich weitgehend unabhängig mit Solarstrom versorgen. Spannende Zeiten für Sam Wilkinson, der beim Analysehaus IHS das Team für Energiespeicher leitet, und Dr. Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer, Speicherexpertin bei SMA.

 

Batteriespeicher waren lange Zeit ein absolutes Randthema der Energieversorgung. Warum rücken sie ausgerechnet jetzt so sehr in den Fokus des Interesses?

Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer: Erneuerbare Energien übernehmen einen immer größeren Anteil an der weltweiten Stromversorgung. Das ist auch gut so, denn wir müssen schnell unabhängig von klimaschädlichen, gefährlichen und nur begrenzt vorhandenen Energiequellen wie Kohle, Öl und Atomkraft werden. Damit das gelingt, muss Strom aus erneuerbaren Quellen jederzeit berechenbar und verfügbar sein. Hier kommen Batteriespeicher ins Spiel. Wenn zu viel Solar- oder Windstrom produziert wird, nehmen sie den überschüssigen Strom auf und geben ihn gezielt wieder ab, wenn er gebraucht wird. Gerade in den letzten Jahren hat die Speichertechnologie enorme Fortschritte gemacht.

Sam Wilkinson: Ja, die vergangenen Jahre waren sehr aufregend. Viele neue Hersteller sind in den Markt eingetreten, dies hat dazu beigetragen, dass die Kosten rasant gesunken sind, und in einigen Ländern werden heute bereits Batteriesysteme wirtschaftlich eingesetzt. Interessant ist auch, dass  immer mehr große Autohersteller den Speichermarkt für sich entdecken.

 

Inwiefern?

Sam Wilkinson: Sie tragen ganz entscheidend dazu bei, dass das Speicherthema in der Öffentlichkeit stärker wahrgenommen wird. Schließlich haben die großen Automarken eine ganz besondere Beziehung zu ihren Kunden, und natürlich auch die entsprechenden Vertriebswege. Das gibt insbesondere im Hausspeichermarkt weiteren Schub.

Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer: Nehmen wir zum Beispiel Tesla. Die Ankündigung der Powerwall-Batterie hat einen regelrechten Run ausgelöst, und ein Großteil der Interessenten hat sich vorher sicher noch nie mit dem Gedanken befasst, Strom selbst herzustellen und zu speichern.

 

SMA hat einen Batterie-Wechselrichter für die Tesla Powerwall entwickelt, denn die Batterie allein reicht ja nicht aus, oder?

Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer: Genau. Mit unserem neuen Sunny Boy Storage binden wir die Tesla Powerwall optimal in Haussysteme ein. Er wandelt den Gleichstrom aus der Batterie in Wechselstrom zur Nutzung im Haushalt. Gleichzeitig sorgt er für die intelligente Be- und Entladung der Batterie. Wir haben die Lösung gerade auf den Markt gebracht. Sie ist besonders kostengünstig, flexibel und einfach anzuwenden, und aufgrund der AC-Kopplung, bei der das Batteriesystem parallel zum Photovoltaiksystem läuft, nicht nur in neuen, sondern auch in bestehenden Anlagen einsetzbar und flexibel erweiterbar.

Speichersystem mit Sunny Boy Storage und Tesla Powerwall

Speichersystem mit Sunny Boy Storage und Tesla Powerwall

 

Aber Tesla ist nicht der einzige Hersteller, mit dem SMA zusammenarbeitet.

Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer:  Richtig, ganz wichtig in diesem Bereich ist unsere Kooperation mit der Daimler-Tochter Deutsche ACCUmotive. Daimler ist nicht nur führend was das Engagement der Autohersteller im stationären Speicherbereich betrifft, sondern auch im Bereich der E-Mobilität. Dieses Thema möchten wir schnellstmöglich auch auf breiter Basis kommerzialisieren.  Natürlich arbeiten wir auch mit allen namhaften Batterieherstellern zusammen. Entscheidend ist, dass wir unseren Kunden immer die leistungsfähigste Batterie zu den niedrigsten Systemkosten anbieten können. Deshalb schauen wir uns die verschiedenen Technologien und Vermarktungsansätze intensiv an.

 

Welche Trends sehen Sie aktuell im Speichermarkt?

Sam Wilkinson: Zu den spannendsten Trends gehört für mich die Bündelung von Energiespeichern in privaten und gewerblichen Anlagen zu sogenannten virtuellen Kraftwerken. Einzelne Speichersysteme können bisher kaum so genutzt werden, dass sie das Netz stützen und gleichzeitig den Eigenverbrauch der Anlagenbetreiber erhöhen. Erst die zentrale Steuerung mehrerer Systeme durch einen Dritten ermöglicht einen gezielten Einsatz für beide Zwecke. Anlagenbetreiber können so mit ihren Speichern nicht nur Stromkosten sparen, sondern zusätzlich Geld verdienen. Das ist ein ganz neues Geschäftsmodell, das bisher erst in wenigen Märkten ausprobiert wird. Doch es gibt schon Verträge für größere Zukunftsprojekte, etwa in den USA. Insgesamt gewinnen Batteriespeicher als Lösung zur Bereitstellung von Reserveleistung und anderen Services zur Netzstützung immer mehr an Bedeutung.

Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer: Das ist auch ein wichtiger Treiber für Großspeicher im Multi-Megawatt-Bereich. Solche Projekte werden etwa in Europa, Südkorea und den USA schon erfolgreich umgesetzt und beweisen ihre Wirtschaftlichkeit. In Südkorea wurde gerade das aktuell weltweit größte Speicherprojekt für 200 Megawatt Reserveleistung mit SMA Technologie gebaut.

 

Was erwarten Sie von den nächsten Jahren, wie wird sich der Speichermarkt weltweit entwickeln?

Sam Wilkinson: Wir bei IHS erwarten, dass die Speicherpreise weiter sinken und die installierte Basis enorm wächst – von heute etwas über einem Gigawatt auf über 15 Gigawatt 2020. Auf kurze Sicht bleiben die USA, Japan und Südkorea die größten Märkte. In Deutschland hat sich bereits ein stabiler Markt für Hausspeicher etabliert, aber auch im Bereich der Großspeicher tut sich hier in den kommenden Jahren sicher einiges. Es wurden bereits bedeutende Projekte angekündigt. Viel Potenzial für Hausspeicher sehen wir auch in Australien und Großbritannien. Die kommenden Jahre bleiben also auf alle Fälle spannend, und  neue Marktteilnehmer und Technologien werden noch für Überraschungen sorgen.

 

Vielen Dank für das Gespräch.

 

Dr. Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer

Dr. Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer

Dr. Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer

Während ihres Elektrotechnik-Studiums kam Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer Mitte der 1990er Jahre erstmals mit dem Thema Erneuerbare Energien in Berührung – und wusste sofort, dass sie in keiner anderen Branche arbeiten wollte. Nachdem sie sich an der Universität Kassel und am Fraunhofer IWES wissenschaftlich mit dem Thema befasst hatte, kam sie 2010 als Senior Expert Engineer für Speichertechnologien zu SMA.

 

Sam Wilkinson

Sam Wilkinson

Sam Wilkinson

Seit sieben Jahren beobachtet Sam Wilkinson für das weltweit führende Analysehaus IHS die Photovoltaikmärkte. Seine Schwerpunkte waren zunächst Wechselrichter und Module, schließlich baute er das Research-Team für Energiespeicher auf, das er bis heute leitet. Ihn faszinieren insbesondere die schnellen Entwicklungen und Veränderungen in Markt und Industrie.

 

sma-sunny-blog_artikelende-banner-batteriespeicher_de

Schlagworte: , ,

This article was published in 2016. As we are constantly developing our solutions, there may be newer or additional options for the tips and techniques in this article.

3 Kommentare
  1. Dieter Plasa
    Dieter Plasa sagte:

    Hallo,
    warum wird in Sachen Stromspeicher nicht mit praktischen Hinweisen gearbeitet. Der Verbraucher will doch wissen, wieviel kWh gespeichert werden können bei entsprechendem Preis. Was kann ich damit betreiben., z.B.: mit einem 6 kWh Speicher kann ich mit den Küchenherd x Kuchen backen, y Waschmaschinen und z Trockner betreiben.
    Nehmen Sie den Verbraucher mit, dann erhöht sich auch die Akzeptanz!

    Freundliche Grüße

    Dieter Plasa

    Antworten
  2. Herbstritt Klaus
    Herbstritt Klaus sagte:

    Sehr geehrte Damen und Herren,

    ich kann die Euphorie im Intervieu des Artiikels „Speicher revolutionieren die Energielandschaft“ zwischen Aleksandra-Sasa Bukvić-Schäfer und Sam Wilkinson insbesondere in Bezug auf Speicherleistung und Speicherpreise angeht. Ich würde gerne meinen erzeugten Strom aus einer 6,5 kWp PV-Anlage speichern, wenn ich dies für 11,5 Ct/kW tun könnte. Alle meine Recherchen in Deutschland, USA oder China haben ergeben, dass dies derzeit absolut unwirtschaftlich ist. Dies wird Absicht sein, denn dann bräuchte man all die schönen Trassen nicht mehr. Ich auf jeden Fall könnte dann ohne stromfremdbezug leben.

    Mit freundlichen Grüßen
    K.Herbstritt

    Antworten
Dein Kommentar
An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht.

You may use these HTML tags and attributes: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>